Sprache: Öffnet oder schließt sie Türen?

Sprache, sie begegnet uns ständig. Sie ist einer der bedeutungsvollsten Komponenten, die uns zu dem machen, was wir sind. Doch wo beginnt Sprache und wo hört sie auf? Wie macht sich Rassismus und Sexismus in der Sprache bemerkbar und wie kann Sprache für ein besseres Miteinander von morgen verändert werden?

sprache-verbindet

Sprache hat viele Gesichter

Ein Blick, eine gehobene Stimme – nonverbale Kommunikation ist allgegenwärtig. Dabei meint die nonverbale Kommunikation das Kommunizieren mittels Stimme, Gestik und Mimik. Verbales Kommunizieren hingegen bezieht sich auf Wörter. Wörter ermöglichen uns Verbindungen zu anderen zu knüpfen. Aber sie können auch das Gegenteil hervorrufen und uns verletzen. Auch die Art und Weise, wie etwas gesagt wird, ist entscheidend und kann das Gesagte unterstützen oder es als das Gegenteil entlarven. Sprache hat eine große Macht darüber, wie wir fühlen, was wir denken und was wir letzten Endes tun.

Sprache verbindet

Sprache ist zudem nicht gleich Sprache. Deine Art von Sprache kann eine andere sein als meine oder die Deiner Umgebung. Sie ist verschieden, wie wir Menschen. Zudem gibt es eine Vielfalt an Sprachen, die erlernt und gesprochen werden können. Sprache verbindet Kulturen und macht sie teilweise aus. Für jede:n bedeutet Sprache etwas anderes. Für die einen ist sie ein Ventil, für die anderen ein Bindeglied und Zusammengehörigkeit. Was ist Sprache für Dich?

„Auch wer Sprache zum Verbergen benutzen will, verrät, was er verbergen will.“

Dies ist ein berühmtes Zitat von Martin Walser. Es wirft die Frage auf: Wo beginnen Diskriminierung und Herabsetzung eigentlich? Sind es nur die gesprochenen Worte, die verletzen können? Wenn es Einfluss hat, etwas zu sagen, muss es dann nicht auch einen Einfluss haben, wenn etwas nicht gesagt wird? Sprache ist auch ein Ventil für negative Gedanken und Gefühle. Sie kann dazu verwendet werden, jemanden mithilfe von beispielsweise Beleidigungen und/oder der Erhebung der Stimme zu demütigen. Dies ist eine offensive Herangehensweise. Sie kann aber auch defensiv zum Beispiel in Form von Ignoranz oder einer Vermeidungshaltung zum Ausdruck gebracht werden, wie Wegschauen. Das Nichteingreifen besitzt ebenfalls eine Sprache, wie der offensive Sprachgebrauch. Wenn die Aussage fällt: „Ausländer:innen dulden wir hier nicht“, dann ist das Schweigen anderer Zuhörer:innen ebenfalls eine Aussage, die das Gesagte unterstützt.

Die Rolle unserer Sprache bei stereotypischen Geschlechterrollen

Wird noch einen Schritt zurückgegangen und der gängige Sprachgebrauch durchleuchtet, so fällt auf, was Martin Walser mit seinem Zitat versucht hat auszudrücken. Wenn wir durch eine Modezeitschrift blättern und in dieser nur von Leserinnen gesprochen wird, macht Sprache deutlich, für wen die Inhalte vermeintlich bestimmt sind – und für wen nicht. Auf subtile Weise werden somit stereotypische Geschlechterrollen erneut bekräftigt. Wenn in einer Reportage über Bauarbeiten, nur der Bauarbeiter angesprochen wird oder in einem Anmeldungsportal einer Bestellung nicht die Option freigeschaltet wird, statt „Mann“ oder „Frau“ auch „Divers“ anklicken zu können, geschieht Diskriminierung. Auch, wenn Du Dich in diesem Moment vielleicht nicht diskriminiert fühlst, weil Du der Bauarbeiter bist, der die Reportage guckt oder weil Du das Mädchen oder die Frau bist, die sich gerade die Modezeitschrift ansieht, wird sich die Person, die sich einem ganz anderen Geschlecht zugehörig fühlt, wahrscheinlich diskriminiert fühlen.

„Bist du katholisch oder evangelisch?“

Die nicht freigeschaltete Anredeoption, kann verglichen werden mit einer Frage, wie: „Bist du katholisch oder evangelisch?“, die einem in Deutschland gestellt wird. Würdest Du Dich nicht diskriminiert fühlen, wenn Du einer anderen oder gar keiner Religion angehörig bist und vielleicht seit kurzem erst in Deutschland lebst? Würde es vielleicht nicht den Eindruck bei Dir hinterlassen, dass in Deutschland alle katholisch oder evangelisch sein müssen und hier anscheinend nichts anderes existiert?

Diskriminierung

Diskriminierung geschieht bereits im Kleinen

Diskriminierung geschieht nicht nur im Großen und Offensichtlichen, sondern bereits im Kleinen. Es fällt uns nicht immer direkt auf, weil wir uns daran gewöhnt haben. Aus diesem Grund ist zum Beispiel Gendern, also Worte, bei denen die männliche oder weibliche Version genutzt wird, auch an die anderen Geschlechter anzugleichen, von großer Bedeutung. So, wie unser Denken und wir selbst uns wandeln, muss und wird sich auch unsere Sprache wandeln. Sprache kann Offenheit und Zusammengehörigkeit bedeuten, aber genauso auch Diskriminierung und Isolation. Sie kann Türen öffnen und schließen. Wenn wir etwas nicht erwähnen oder wenn wir schweigen, benutzen wir Sprache. Genauso nutzen wir Sprache, wenn wir uns stets nur auf eine Sache beziehen und andere dabei in Vergessenheit geraten.

Was kannst Du tun?

Hilf uns dem vorzubeugen, denn nur gemeinsam können wir bewegen und verändern. Gemeinsam können wir für weniger Diskriminierung und für mehr Miteinander und Toleranz einstehen, indem wir bereits auf die vermeintlich kleinen Dinge achten und zum Beispiel versuchen, nicht mehr nur „Lehrer“ oder „Pfleger“ zu sagen, sondern diese Worte an alle Geschlechter anzupassen. Lasst uns gemeinsam mehr Türen öffnen.